Jeder hat sie, diese grauen Tage, an denen man einfach nicht schreiben (oder lernen oder Papierkram erledigen) will. Du bestimmt auch mal. Man könnte, sicher, aber man will nicht. Jede Stunde ist gezeichnet von Lustlosigkeit, und anstatt sich auf seinen Hintern zu setzen und einfach loszuschreiben, tut man ganz viele andere Dinge, die einem unter normalen Umständen nicht mal in den Sinn kämen: Staubsaugen, das Aquarium endlich mal wieder reinigen, die Pflanzen gießen, Unkraut jäten. Notfalls könnte man sich auch einfach vors leere Dokument setzen und den blinkenden Cursor anstarren. Wenn man nicht kann, kann man nicht, redet man sich dann ein. Aber ist das die Wahrheit oder nur eine Ausrede?
Du hast es schon geahnt: Es ist eine Ausrede, sonst wäre dieser Artikel ziemlich sinnlos. Für die mangelnde Motivation gibt es zwei Gründe: Erstens, fehlende Lust. Man ist, einfach ausgedrückt, nicht motiviert und prokrastiniert lieber. Oder, die zweite Option: Man hat keine Energie, vielleicht weil man schlecht geschlafen, den ganzen Tag gearbeitet oder einfach einen schlechten Tag hat. Wenn das der Fall ist, musst du dich nicht ums Biegen und Brechen zum Schreiben zwingen. Stattdessen solltest du dich ins Bett legen und dich ausruhen, um am nächsten Tag mehr Energie zu haben.
Bei Option Zwei haben wir den Lösungsansatz also schon, aber wie sieht es mit Option Eins, der Lustlosigkeit, aus? Eigentlich könnte man das Problem ganz einfach beheben, indem man sich an die Tasten setzt und einfach schreibt. Stift und Papier täten es auch. Kraftaufwand ist es kaum: Hinsetzen, Stift nehmen, einen Buchstaben schreiben, mehrere Buchstaben aneinanderreihen, Wörter bilden, Zeilen füllen, Seiten produzieren. So einfach ist es, und es ist doch so schwer.
Das Belohnungssystem ist eine Maßnahme, die bei den meisten Hunden und Menschen Wirkung zeigt. Das Sprichwort heißt nicht umsonst “Erst die Arbeit, dann das Vergnügen”. Wichtig ist es, die Belohnung passend zu wählen, denn es muss etwas sein, das du wirklich haben willst. Das kann einfach nur eine Pause sein, in der du nichts machst und aus dem Fenster schaust, oder es kann ein zehnminütiger Spaziergang sein, eine Folge einer Sitcom, zehn Buchseiten lesen, neuen Tee kochen oder einen Schokoriegel essen, bevor es wieder losgeht. Du kennst dich selbst am besten, deshalb wirst du wissen, welche Belohnung für dich sinnvoll ist.
Um das System richtig anzuwenden, mach dir am besten einen Plan, in dem du deine Schreibstunden verzeichnest. Nehmen wir an, dir stehen vier Stunden zur Verfügung. Du beginnst nach dem Mittagessen um 14 Uhr. Dann könnte der Plan so aussehen:
14-14:30 Uhr: Schreiben
14:30-14:45 Uhr: Tee kochen und dabei Musik hören
14:45-15:45 Uhr: Schreiben
15:45-16:00 Uhr: Einmal um den Block spazieren
16:00-17:15: Schreiben
17:15-17:20: Kurz Instagram checken
17:20-18:00: Schreiben
Je nachdem, was du für ein Mensch bist, kannst du die Zeiten anpassen. Bei mir ist es zum Beispiel sinnvoll, wenn ich mit kürzeren Schreibintervallen starte und sie immer weiter ausdehne, weil ich immer mehr in den Flow komme. Manchmal passiert es auch, dass ich auf eine Pause verzichte oder sie aufschiebe, weil ich gerade nicht aufhören möchte. Mit dieser Struktur schreibt man viel mehr Wörter, als wenn man sich planlos hinsetzt und die Hälfte davon prokrastiniert.
Wenn du jeden Tag gewissen Schreibritualen folgst, kannst du einfacher in deinen Flow zurückfinden, indem du die Rituale anwendest. Mach zum Beispiel deine Schreibmusik an oder zünde immer dieselbe Duftkerze während des Schreibens an, denn dein Gehirn verbindet Wissen und Gefühle gern mit deinen Sinnen. Wenn es deine Schreibmusik hört, ist es automatisch wieder im Schreibmodus. Eine andere Möglichkeit, in den Flow zurückzufinden, ist es, deine vorherige Session durchzulesen (und evtl zu überarbeiten) oder deine nächste(n) Szene(n) zu plotten.
Wenn das alles nichts hilft, hat die Lustlosigkeit einen tiefer liegenden Grund. Den musst du finden, denn bekanntlichermaßen löst man Probleme, indem man sie an der Wurzel packt. In den meisten Fällen ist dieser Grund Angst. Du solltest dir Zeit nehmen, über deine Angst nachzudenken. Ist es Angst vor dem Scheitern? Ist es dein Drang nach Perfektionismus, der dir die Motivation nimmt? Wenn das so ist, scheint dir das Endprodukt wichtiger als der Prozess an sich zu sein, was ja in Ordnung, aber nicht hilfreich ist. Wenn man seine Kreativität gesund leben will, ist es wichtig, am Prozess Spaß zu haben. Zu diesem Thema empfehle ich das Buch Embrace your weird von Felicia Day, das zum Großteil auf die Feinde der Kreativität und was man dagegen machen kann eingeht. Hier kannst du einen Artikel darüber lesen.
Im Zweifelsfall: Setz dich hin und schreibe einen Absatz, nur einen einzigen. Wenn die Wörter danach nicht fließen, hör auf. Stell dir vor, du stehst an der Bushaltestelle und wartest auf den Bus. An den meisten Tag wird er kommen, aber manchmal fällt er auch aus. Jeder hat mal einen schlechten Tag, auch die Kreativität.
Jetzt bist du dran : Was tust du, um dich zu motivieren? Teile deine Tipps gern mit uns in den Kommentaren, wir können sie immer gebrauchen.
